Während bei uns Hitze, Unwetter und Überschwemmungen den dringenden Handlungsbedarf in Sachen Klimawandel in Erinnerung rufen, trafen sich Anfang August in Belem/Brasilien die Staatschefs der Amazonasstaaten, des afrikanischen Kongobeckens und einiger südostasiatischer Länder zum Amazonas Gipfel, um über die Zukunft der Regenwälder und des Weltklimas zu diskutieren.
Einig waren sich alle, dass das Amazonasgebiet mit mehr als sieben Millionen Quadratkilometern und rund 50 Millionen Einwohner:innen (davon ca. zwei Millionen aus 500 indigenen Völkern) für das Leben und die Gesundheit des Planeten, sowie insbesondere für die Bewältigung des Klimawandels, von wesentlicher Bedeutung ist.
Doch die blaue Lunge der Welt droht einen „Point of no return“ zu erreichen. Blaue Lunge? Durch Verdunstung autogeneriert der Regenwald Niederschläge, die durch die Winde über den Kontinent getragen werden und für Regenfälle bis São Paulo und sogar bis Argentinien verantwortlich sind. Der Amazonas beherbergt unzählige Süßwasserquellen und Grundwasserbecken – die weltweit größte biologische Vielfalt ist hier zu finden. Aber Abholzung, illegaler Bergbau, die Ausbeutung von fossilen Energieträgern, die Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen und andere kriminelle und/oder umweltschädliche Aktivitäten gefährden das natürliche Gleichgewicht des Kontinents.
In der leider recht allgemein gehaltenen gemeinsamen „Erklärung von Belem“ anlässlich des Amazonas Gipfels bekräftigten alle Anrainerstaaten, den Regenwald und seine Bewohner:innen schützen zu wollen, die Abholzung zu stoppen, die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu fördern sowie das organisierte Verbrechen zu bekämpfen. Präsident Lula da Silva forderte vehement die Verantwortung der Industrienationen ein und verlangte die Bereitstellung der längst versprochenen Zahlungen in Höhe von jährlich 100 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Eindämmung des Klimawandels. Mit harten Worten kritisierte Lula da Silva das Mercosur-Abkommen der EU und verurteilte einseitige Handelsmaßnahmen der reichen Länder auf der Grundlage von Umweltauflagen und -normen.
Doch das Treffen der Staatsoberhäupter zeigt, dass viele Probleme im Amazonasgebiet selbst noch nicht gelöst sind. In Belém versammelten sich schon vor dem Gipfel über 20.000 Vertreter:innen sozialer Bewegungen zu den “Diálogos Amazônicos”, um nachhaltige Vorschläge für die Region zu erarbeiteten. Unter der Fülle von Forderungen wurden zwei als vorrangig eingestuft: Abholzungsstopp und ein Ende der Erdölförderung im Amazonasgebiet. So ist besonders Präsident Lulas Festhalten am umstrittenen Erdöl-Fördervorhaben im Süßwasserkorallenriff „Foz do Amazonas“ oder der geplante Bau der Ferrogrão-Eisenbahn und die Ausweitung der Bundestraßen in den Amazonas auf heftige Kritik gestoßen.
Besonders die Vertretungen der indigenen Völker beklagten, dass ihre Forderungen nach Landdemarkierungen und einer partizipativen Energiewende nicht ausreichend gehört wurden. So kündigten sie eine Arbeitsgruppe an, die von den Koordinationsstellen der indigenen Organisationen des brasilianischen Amazonasgebiets (COIAB) bzw. des gesamten Amazonasbeckens (COICA) geleitet wird. Ein Stopp der Erdöl- und Gasförderung im Amazonas ist eine zentrale Forderung, die beim Gipfel bisher nur durch Kolumbien vertreten wurde.
Doch schon am 21.8., wenige Tage nach dem Amazonas Gipfel, ging ein Jubelschrei durch die Zivilgesellschaft: Ecuador legte die Weichen in eine erdölfreie Zukunft. Im Rahmen des Yasuni-Referendums stimmte das ecuadorianische Volk für den Stopp der Erdölförderung im Yasuni-Gebiet – um den dort lebenden indigenen Völkern, der Biodiversität und dem Klimaschutz eine Chance zu geben! Ecuador ist somit das erste Land weltweit, das die Ausbeutung von fossilen Brennstoffen in einer ökologisch sensiblen Zone verboten hat! Klimabündnis international unterstützte die Kampagne der Yasunidos, via das Deutsche Bündnis für die Yasuní-ITT-Initiative.
Klimabündnis International ist seit mehr als 30 Jahren partnerschaftlich mit der COICA gemeinsam für das Weltklima aktiv. Bereits in den 90ern besiegelte es einen Partnerschaftsvertrag mit indigenen Vertreter:innen zum Schutz und Erhalt des Amazonas-Regenwald. Braz França, zwischen 1990 und 1996 Leiter und Geschäftsführer der FOIRN, Wegbereiter der indigenen Selbstbestimmung und Autonomie in der Klimabündnis-Parnterregion am Rio Negro, war es, der diesen Vertrag damals unterzeichnete und damit auch den Grundstein für die Partnerschaft hier in Österreich legte. Er verstarb bei einem Unfall am 27.7.2023. Wir hoffen, dass wir in seinem Geiste auch weiterhin die nachhaltige Entwicklung am Rio Negro unterstützen werden.