Das Weltbild der indigenen Völker

Teil 7 der Wissensserie zur Partnerschaft am Rio Negro.

Insgesamt leben in ganz Amazonien heute noch 385 indigene Völker, einige Dutzend davon in freiwilliger Isolation. Jedes Volk verfügt über eine eigene Kultur und Kosmovision, die in den vergangenen Jahrhunderten durch die westliche Zivilisation in unterschiedlichem Maße beeinflusst wurden.

Das feuchtheiße Klima, verbunden mit guten Kommunikationswegen – das umfangreichste Flussnetz der Erde – und einer fast unbegrenzten Ressourcenvielfalt bieten hervorragende Voraussetzungen für ein Leben mit, in und vom Regenwald.

Gleichzeitig ist er aber auch ein sehr labiles Ökosystem, das auf Grund der Nährstoffknappheit in den Böden leicht zerstört werden kann und daher mit Vorsicht und Weisheit genutzt werden muss.

Alles Eins

Das Weltbild vieler indigener Völker ist geprägt durch die Einsicht, dass alles miteinander in Beziehung steht, dass alle Lebewesen untereinander verwandt sind und ursprünglich über eine gemeinsame Sprache verfügten.

Manejo do mundo

Der richtige Umgang mit der Welt

Die Wälder, Flüsse, Berge, Seen und Wasserfälle – all das ist mehr als wir mit bloßem Auge sehen und woher wir die Ressourcen für unser Leben holen.
So wie die Fische, sind auch Jagdtiere, Bäume, Früchte und alles, was die Natur uns bietet, nicht einfach Ressourcen, die es auszubeuten gilt.
Das Land wird von einer Vielzahl von Wesen bevölkert, die denken und handeln (Pflanzen, Tiere, Geister), genauso wie wir Menschen.
Das Land, die Natur zu nutzen, heißt in ständiger Verbindung mit diesen Wesen zu stehen, was Risiken und Gefahren mit sich bringt, aber zugleich das ist, was uns nährt. Es braucht Sorgfalt und Pflege. Wenn die Landnutzung sorgsam und respektvoll ist, in Anlehnung an die Regeln und das Wissen unserer Vorfahren, so bleibt alles im Gleichgewicht und allen Lebewesen geht es gut.
Andernfalls entstehen Krankheiten, Umweltprobleme und Feindschaften zwischen den Lebewesen.

Das ist der „Manejo do mundo“, der richtige Umgang mit der Welt.

Der Mensch als Teil der Natur

Alles, was auf der Erde existiert, sowie auch darüber und darunter, bildet ein System, in dem Gleichgewicht herrscht. Die Menschen in Amazonien verstehen sich als Teil dieses Ganzen. Für ein funktionierendes Zusammenleben untereinander und mit der umgebenden Natur gibt es Regeln, deren Einhaltung von den Pajés (Schamanen) und Ältesten überwacht wird. Tänze, Musik und Gesänge folgen uralten Überlieferungen und haben mythologische Bedeutung. An den Festen nehmen alle Dorfbewohner:innen teil, jede Familie bringt Essen und Getränke mit, die an alle verteilt werden.

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