Rio Negro Faces – Neues Wirtschaften im Amazonas

Was haben Honiggewinnung, Landwirtschaft oder Kunsthandwerk mit Regenwaldschutz zu tun?

Traditionelles Wissen ist ein wichtiger Schlüssel für den Erhalt des Regenwalds. Heute liefert es eine wichtige Grundlage für neue, nachhaltige Einkommensquellen, um den Menschen die Möglichkeit zu bieten, auch im 21. Jahrhundert noch von und im Regenwald leben zu können. Zwischen 2021 und 2023 unterstützten wir gemeinsam mit dem BMK den Aufbau zahlreicher ökologischer Initiativen in unserer Partnerregion. In unserer neuen Serie „Rio Negro Faces“ stellen wir ein paar der Protagonist:innen hinter diesen Erfolgsgeschichten vor.
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Internationaler Tag des Waldes

Waldschutz: Teamwork zwischen Mensch und NaturNachhaltige Forstwirtschaft zur Sicherung von Artenvielfalt

Wälder sind wichtige Verbündete für ein gutes Leben auf unserem Planeten! Nicht nur liefern sie uns Luft zum Atmen und sorgen für Regen, sondern sie binden auch CO2 und spenden Schatten – und schützen uns nicht zuletzt auch vor Naturgefahren. Um diese vielfältigen Funktionen zu erfüllen, müssen sie gesund sein und nachhaltig bewirtschaftet werden – überall auf der Welt. Darum feiern wir am 21.März den internationalen Tag des Waldes.

Eine besondere Rolle spielen dabei tropische Regenwälder. Sie sind uralte, einzigartige Lebensräume und Heimat unzähliger verschiedener Tiere und Pflanzen. Ihre Vielfalt ist das Ergebnis jahrtausendelanger Bewirtschaftung durch die dort lebenden indigenen Völker. Dieser Kulturwald, der der Amazonas ist, gilt heute als artenreichster Lebensraum der Erde. Seine Funktion als Wasser- und CO2-Speicher für unser Weltklima ist unumstritten.

Doch kaum jemand weiß, dass es die indigenen Bewohnerinnen sind, die dieses Ökosystem für uns alle erhalten und vor illegaler Ausbeutung durch Konzerne schützen. Damit sie das auch in Zukunft tun können, braucht es alternative Wirtschaftsmöglichkeiten, um der lokalen Bevölkerung ein Leben vor Ort zu ermöglichen. Wie das am besten gelingen kann, erzählen wir in dieser Serie mit inspirierenden Geschichten vom Rio Negro! 

 

Nachhaltiges Wirtschaften am Amazonas

Die Philosophie des stehenden Waldes

Die Philosophie des stehenden Waldes ist eine nachhaltige Form des Wirtschaftens, die den Wald wie einen lebenden Organismus behandelt: in Einklang mit natürlichen Zyklen ernten die Menschen dort nur das, was sie brauchen, um es später zu vermarktbaren Produkten zu verarbeiten – die Wälder selbst bleiben dabei unangetastet und werden nicht gerodet. Die Vermarktung erfolgt durch regionale Interessensverbände und transportiert neben der ökologischen auch eine soziale Botschaft: Die Produkte sind gleichzeitig Symbole für ein Wirtschaften in Kooperation mit der Natur und den Erhalt des Regenwalds.
Honiggewinnung dient heute in vielen Regionen Amazoniens als nachhaltige Einkommensmöglichkeit

Meliponi-Honig als EinkommensquelleWie Honig den Regenwald schützt

Ein so ein Produkt ist der Honig der stachellosen Meliponi-Bienen. In den indigenen Kulturen des Rio Negro-Beckens in Amazonien dient er vor allem medizinischen Zwecken und kann je nach Blüte zu unterschiedlichen Behandlungszwecken eingesetzt werden. Diese medizinische Nutzung geht auf traditionelles Wissen zurück und steht symbolisch für die jahrtausendealte Beziehung zur Natur, die die Völker in der Region pflegen. Heute wird Honig auch auf kleiner Skala regional vermarktet, um der jungen, lokalen Bevölkerung ein Einkommen vor Ort zu ermöglichen. 

Hand in Hand: Artenvielfalt und Bienenzucht

Für die Gewinnung des Honigs ist es wichtig, dass er Wald intakt und artenreich ist. Denn je mehr unterschiedliche Bäume und Pflanzen es dort gibt, desto wohler fühlen sich auch die verschiedenen heimischen Bienenarten. Als Bestäuberinnen leisten sie gleichzeitig einen wichtigen Beitrag, diese Vielfalt zu erhalten. Industrielle Landwirtschaft und der Einsatz von Pestiziden bedrohen heute jedoch die Melipona-Bienen und ihre Lebensräume. Umso wichtiger sind daher Rückzugsräume und die gezielte Haltung, um den Fortbestand der Bienen und damit die Artenvielfalt der Wälder Amazoniens zu sichern. Dieser wichtigen Aufgabe verschreiben sich immer mehr junge Menschen, die als Imker:innen mit den Bienen arbeiten. 

German Brazão da Silva züchtet seit 2017 Bienen

Netzwerke aufbauen und stärkenTraditionelles Wissen nutzen

Einer der jungen Imker ist German Brazão da Silva aus der Dorfgemeinschaft Santa Isabel do Ayarí, mitten im Herzen des Amazonas. Seit 2017 hält German vier verschiedene Arten der heimischen Bienen, um deren Honig zu gewinnen. Er ist Teil eines Netzwerks von Meliponi-Imker:innen und hat bereits an zwei nationalen Vernetzungstreffen teilgenommen. Die Arbeit mit den Bienen ermöglicht German, ein kleines zusätzliches Einkommen. Um sein Einkommen dauerhaft zu garantieren, braucht German Abnehmer:innen und Unterstützung bei der Logistik. Bislang verkauft er den Honig hauptsächlich an Gäste und Tourist:innen – doch die erreichen das entlegene Dorf nur spärlich. In Zukunft möchte er noch weitere Bienenstöcke aufstellen, um die Produktion zu erweitern. Auch im Verband ist man darum bemüht, die Imker:innen bei der Vermarktung zu unterstützen und beim Transport und der Lagerung unter die Arme zu greifen. 

Je nach Blüte hat der der Honig eine andere Farbe. Die Ausbildung der Imker:innen erfolgt unter wissenschaftlicher Begleitung.

Landflucht verhindernDie Jugend als Treiberin im Artenschutz

Durch die Arbeit mit den Bienen nutzen junge Menschen wie German traditionelles Wissen, um weiterhin in ihren Heimatdörfern wohnen zu können und nicht in die Städte abwandern zu müssen. Sie sind damit Teil einer Bewegung, die versucht, der zunehmenden Landflucht, die auch im Amazonas aktueller denn je ist, entgegenzuwirken. Unterstützt wurden sie dabei zuletzt auch vom österreichischen Klimaschutzministerium. Zentrales Element ist auch die Möglichkeit der Vernetzung der indigenen Produzent:innen untereinander, um sie strukturell zu stärken. Die Meliponi-Imker:innen sind dabei nur einer von vielen möglichen Wirtschaftszweigen, die die Philosophie des stehenden Waldes von der Theorie in die Praxis umsetzen. Heute dienen sie als leuchtendes Beispiel für Nachhaltigkeit und künftig hoffentlich auch als Inspiration für uns hier im Westen! 

 

Weitere Infos zur Partnerschaft am Rio Negro

Sie wollen mehr über unsere Arbeit am Rio Negro und das Leben der Menschen dort erfahren? Dann folgen Sie den Links unten.